Bild: Roger Kingbird / We Animals Media

Tierversuche in NRW – Von „Überschusstieren“ und Umweltbilanzen

Dass Tierversuche und das dabei entstehende Leid, Sterben und Morden alltägliche Geschehen sind, ist wahrscheinlich den wenigsten Menschen im Bewusstsein. Zwar haben sicherlich die meisten schon von Tierversuchen für diverse Produkte gehört – etwa Hygiene- oder Make-up-Artikel – sind sich aber der riesigen Dimension dessen nicht im Klaren. Deswegen sollen hier kurz einige Kernaspekte und Zahlen der Welt der Tierversuche in Nordrhein-Westfalen aufgeführt werden, um die Größenordnung und die Absurdität dessen transparent zu machen. 

Zunächst sei im Falle von NRW hervorzuheben, dass es hier im Gegensatz zum bundesweiten Verlauf einen Aufwärtstrend gibt; die Zahl der Tierversuche steigt also wieder (bis 2020 gab es einen Rückgang, der nun umgekehrt wurde). In den Jahren 2014 bis 2021 gab es jeweils circa 420.000 Versuchstiere, wobei darin eine oft vergessene Gruppe nicht erfasst wird: die sogenannten „Überschusstiere”. Diese werden auch für Laborzwecke gezüchtet, letztendlich aber nicht für Forschungszwecke verwendet. Dennoch werden diese, wie auch die tatsächlich benutzten Lebewesen, schließlich ermordet. Allein im Jahr 2021 waren es in NRW 437.861. Einordnend dafür noch ein paar Zahlen des Bundes: Deutschlandweit wurden im 2021 insgesamt circa zweieinhalb Millionen Tiere für wissenschaftliche Zwecke verwendet, davon wurden ungefähr 700.000 getötet. Allerdings ist die Zahl der Überschusstiere hier auf gleicher Höhe, also nochmals zweieinhalb Millionen Tiere, die auch im Sinne der Wissenschaft gezüchtet wurden, welche aber dann keine Verwendung innerhalb der Wissenschaft aufwiesen. Auch all jene wurden getötet. Der prozentuale Anteil der in 2021 in NRW „verwendeten“ Tiere (ohne Überschusstiere) im Bundesvergleich liegt sodann bei rund 16 %. 

Natürlich sind in dieser exorbitanten Menge an Tieren unterschiedliche Arten verschieden stark vertreten. Zuletzt gab es einen Rückgang an verwendeten Kaninchen, Vögeln und Nutztieren. Jedoch stieg die Zahl der Mäuse an. Zudem ist eine bemerkenswert hohe Anzahl an Primaten zu verzeichnen, da NRW ein Standort für viele Forschungseinrichtungen und attraktiv in der industriellen Branche ist. Auch Hunde und Katzen, eigentlich hierzulande typische, liebgewonnene Haustiere, werden zu Hunderten benutzt. 

Die hauptsächlichen Zwecke liegen in der Grundlagenforschung (mehr als die Hälfte aller Nutzungsweisen) und für Organentnahmen. Andere Gebiete wie Toxikologie, Weiterbildungen, Arterhaltungen oder Umweltschutz nehmen hingegen ab. 

Hier könnten noch etliche weitere Daten und Prozesse aufgezeigt werden. Doch abschließend soll der Fokus darauf gelenkt werden, weshalb diese riesige Maschinerie so untragbar ist: 

Es gibt schon jetzt einige fortschrittliche und effektive Ansätze als alternative Forschungsmethoden, etwa Computersimulationen oder In-vitro-Methoden (Reagenzgläser-Methoden). Allerdings findet man im Bereich der Finanzierung eine enorme Disbalance. Die Forschung mitsamt Tierversuchen wird in Milliardenhöhe gestützt, wohingegen Forschung, die sich bewusst Methoden ohne Tiere bedient, bloß einige Millionen erhält. 

Nun ist nicht nur das Ausmaß der Tierversuche hinsichtlich des unsäglichen Leids unvorstellbar, auch die Effizienz dessen ist infrage zu stellen. In der Wissenschaft gibt es definitiv keinen Konsens darüber, ob Tierversuche tatsächlich die Produktivität der Forschung ankurbeln oder ob nicht andere Optionen deutlich besser geeignet wären. Die Analogie von absichtlich krankgemachten Tieren auf Menschen misslingt scheinbar – es ist womöglich selbst in Anbetracht des Forschens unklug, diesen Weg zu wählen.  

Neben den offensichtlichen und furchtbaren Problemen liegt ein zusätzliches Thema damit verglichen im Schatten: die Umweltbilanz. Aufgrund der verschiedenen medikamentösen Einflüsse müssen Versuchstiere gesondert behandelt werden, können etwa nicht für weitere Zwecke nach dem Tod verwendet werden. Kreise und kreisfreie Städte müssen zur Beseitigung der Tierleichen meist Privatunternehmen beschäftigen, da sie selbst über keine Tierkörperbeseitigungsanlagen verfügen. Mit diesem besonderen logistischen Aufwand, gerade mit Blick auf die bestimmten hygienischen Anforderungen im Transport- sowie Entsorgungsprozess, geht auch eine erhebliche Umweltbelastung einher, die sicherlich vermeidbar wäre.  

So stehen wir, wie auch viele weitere Initiativen und Akteure, gegen ein Fortbestehen von Tierversuchen, aus Achtung vor den Tieren, aber auch aus Gründen effektiven Forschens selbst!

(tk)

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Update (21.08.): Es gibt spezielle Tierschutzorganisation wie etwa MySecondLife oder die Laborbeaglehilfe e.V., die sich auf die Vermittlung von Versuch- und Überschuss-Tieren spezialisiert haben.