Rede zur Hanf-Demo Lahr von Jürgen Durke

Nachfolgende Rede hat unser Lahrer Stadtratsmitglied Jürgen Durke bei der Hanf-Demo am 1.2.2020 in Lahr gehalten. Hierbei sei angemerkt, dass die Tierschutzpartei noch keine dezidierte Meinung zum Thema Cannabis-Legalisierung hat.

„Liebe Zuhörer und Zuhörerinnen,

in meinem Beitrag möchte zunächst ein wenig auf die Historie dieser uralten Kulturpflanze, der Hanfpflanze, eingehen:

1. Historie der uralten Kulturpflanze Hanf

Lange Zeit vor der heutigen, so berühmt-berüchtigten, Bekanntheit der Hanfpflanze als Rohstoff für Drogenpräparate auf THC-Basis, (wie Haschisch und Marijuana,) war der Hanf vor allem eines:

Eine seit 12.000 Jahren verwendete Nutzpflanze, eine der ältesten und wertvollsten Kulturpflanzen der Menschheit.

Diese spielte auch bei uns in Europa und Deutschland eine gewichtige Rolle bis ins 20. Jahrhundert hinein.

In China und Persien als Getreide angebaut, dienten die Hanf-Samen als Nahrungmittel und die Hanf-Fasern als Basis für Kleidung und Papier. Die Hanfpflanze war auch aufgrund ihrer Heilkräfte sehr begehrt, etwa um Wunden abzudecken oder Gicht zu lindern.

Im Römischen Reich wurden Kriege um Hanf geführt.

Hanf war vom 1. Jahrtausend vor Christus bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts die weltweit am häufigsten angebaute Nutzpflanze.

Nach Europa kam der Papierrohstoff im 13. Jahrhundert.

1455 druckte Gutenberg seine erste Bibel auf Hanfpapier.

Die Segel und des Tauwerk der Schiffe, die Kolumbus 1492 nach Amerika brachten, bestanden aus Hanffasern.

Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung wurde 1776 auf Hanfpapier geschrieben.

2. Der Niedergang einer Kulturpflanze

Die aufkommende Industrialisierung läutete dann allerdings das Ende der Hanf-Nutzung ein.

Damals konnte man Hanf noch nicht maschinell ernten und brechen. Hanfverarbeitung war Handarbeit: aufwendig, mühsam und teuer.

Andere Rohstoffe waren dagegen bald billiger einzukaufen:

  • etwa Baumwolle, weil sie bereits industriell verarbeitbar war,
  • indische Jute, schlicht durch ausbeuterische Arbeitsbedingungen,
  • oder auch Holz, damals noch massenhaft und kostenlos verfügbar in den noch dichten und weiten Wäldern,

so dass die Nutzpflanze Hanf da einfach nicht mehr mithalten konnte.

Als 1938 endlich die erste vollautomatische Hanfschälmaschine vorgestellt wurde, setzten sich unter anderem die Baumwoll- als auch die Pharmaindustrie für eine Besteuerung von Hanf ein, und schließlich für ein komplettes Hanf-Anbauverbot in den USA.

Damit schlossen sich die Absatzmärkte für Hanfprodukte.

Die Pharmaindustrie verdrängte mit synthetischen Produkten schließlich selbst Cannabis als Medikament vom Markt.

Nach einem letzten, kurzen Wiederaufleben der Hanf-Faser, während der Rohstoffknappheit im 2. Weltkrieg, wurde der Anbau und die Verwendung von Hanf als Nutzpflanze nach Kriegsende dann endgültig eingestellt.

3. Zeitgemäße technische Anwendungen

Dabei ist es gerade in der heutigen Zeit zunehmender Ressourcenverknappung und der Klimaveränderung, wichtig, eine solch vielfältige Nutzpflanze wiederzuentdecken, als effizienten, nachwachsenden Rohstoff, sowie als umweltfreundliche, nachhaltige und plastikfreie Alternative. Die Eigenschaften der Hanfpflanze und ihrer Fasern bieten Lösungen zu vielen aktuellen Aufgabenstellungen:

  1. Die Fasern des Hanfs sind so universell einsetzbar, wie weltweit kaum eine andere Pflanzenfaser.
    Die Hanf-Faser ist ungewöhnlich elastisch, reißfest und dabei haltbar.
  2. Hanf ist anspruchslos, er wächst auf fast jedem Boden und bei fast jedem Klima. Dabei benötigt er kaum Pflege.
  3. Hanf verbessert die Bodenqualität! Bei der aktuellen Thematik der Boden-Auslaugung eine besonders wichtige Eigenschaft.
  4. Hanf benötigt keine Pestizide. Er schützt sich selbst und hinterlässt nach der Ernte einen unkrautfreien Boden. In Zeiten von Artensterben durch zu viel Pflanzenschutzmittel, ein essentieller Aspekt.
  5. Außerdem bietet Hanf in seiner Wachstumsphase wichtigen Lebensraum für verschiedenste Tiere, etwa als Versteck oder für Brutstätten.
  6. Hanf wächst schnell und setzt sehr viel Licht in Biomasse um. Der Anteil an Pflanzenmaterial ist vergleichbar mit einem Wald. Dadurch wird mehr CO2 gebunden, als bei anderen Nutzpflanzen.
  7. Hanf kann Holz in der Papierherstellung ersetzen und liefert die 4- bis 5-fache Menge Papier.
  8. Hanf-Papier kann öfter recycelt werden, aufgrund der hohen Reißfestigkeit der Hanffaser im Vergleich zu den Fasern des Papiers auf Holz-Basis.
  9. Hanf ersetzt Baumwolle. Er liefert auf der gleichen Nutzfläche 2- bis 3-mal soviel Fasern wie Baumwollpflanzen.
  10. Hanf hilft im Kampf gegen den Welthunger. Hanfsamen enthalten hochwertige Proteine, sind leicht zu ernten und können ein Grundnahrungsmittel des 21. Jahrhunderts werden.
  11. Die Wirkstoffe aus dem Hanf haben medizinische Relevanz,
    etwa in der Krebsheilung1 oder in der Schmerzlinderung2. Sie können bei Erkrankungen des Gehirns helfen, wie etwa bei Epilepsie,  und sie sind Forschungs-Grundlage für Medikamente.
  12. Aus Hanf können Formteile und biologisch abbaubare Kunststoffe hergestellt werden. Die Automobilindustrie fertigt beispielsweise Innenraumverkleidungen aus Hanffasern an.
  13. Hanf ist ein ökologischer Baustoff und kann als Dämmmaterial eingesetzt werden. Er kann außerdem als Faserverbundstoff,
    als Biomasse und als Energieträger genutzt werden.
  14. Heute machen Hanfprodukte vor allem Erzeugnissen der Petrochemie und der Pharmaindustrie Konkurrenz.

3. Fazit

Und gerade auch wegen dieser Vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ist es wichtig, der Nutzpflanze Hanf wieder zu einer gesellschaftlichen Akzeptanz zu verhelfen.

Um das zu erreichen, ist weitere Entkriminalisierung und Aufklärung notwendig, um der Bevölkerung die Ängste zu nehmen.

Legale, kontrollierte Zugangsmöglichkeiten zu den rausch-verursachenden Bestandteilen können einen Teil dazu beitragen und gleichzeitig die Rentabilität von Schwarzmärkten unterbinden.

Neben einer Entlastung von Polizei und Justiz, können durch eine entsprechende Besteuerung mehr Mittel frei werden für Prävention, Beratung und Behandlung, sowie für die Schadensreduzierung.

Vor allem aber ermöglicht eine kontrollierte Legalisierung von Hanf einen besseren Jugendschutz für unsere Kinder und Jugendlichen.“

Quellen